Teil 2: Offener Brief – Verantwortung und Ungleichheit
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Lange habe ich überlegt, ob es sinnvoll ist, dieses Schreiben abzusenden. Ein ehemaliger Lehrer pflegte zu sagen: „Tue das, was Du zuerst gedacht hast, das ist meistens richtig“. Mein Name ist Rüdiger Stolpe, ich bin 31 Jahre alt und möchte einige Fragen und Probleme mitteilen, die nicht nur mich betreffen und bald eine wichtige Rolle im Ablauf der Dinge spielen werden.
- Aus gesundheitlichen Gründen konnte ich keinen Beruf mit festem wirtschaftlichem Standbein erlernen.
- Ich befinde mich auf der Seite der sozial schwachen Mitbürger und habe direkte Einblicke in die Probleme, die dringend Änderungen benötigen.
- Arbeitslosigkeit und finanzielle Einschränkungen sind das Resultat von Faktoren, auf die ich nur begrenzt Einfluss habe.
Es darf nicht sein, dass auf Kosten der sozial schwachen Bevölkerung Einsparungen erzielt werden. Viele Arbeitslose würden gern arbeiten, für ihre Familie sorgen und einen normalen Alltag führen. Doch nicht genug Arbeitsplätze sind vorhanden, und Ungleichheiten zwischen Arm und Reich wachsen weiter.
Gesellschaftliche Beobachtungen und Forderungen
Maschinen und Computer ersetzen viele Arbeitsplätze, dennoch werden Arbeitslose bestraft, indem ihnen Möglichkeiten entzogen werden. Alte und Schwache verlieren durch neue Gesetze oft die letzte Chance auf Teilhabe. Die Reichen werden immer reicher, die Armen ärmer – ein Zustand, der historisch nicht lange hält. Wenn sich nichts ändert, werden Menschen leiden oder sogar ihr Leben verlieren.
Nutzen Sie Ihre Position, Ihr Amt und das Vertrauen der Bevölkerung, um Verbesserungen zu bewirken. Finanzielle Mittel sind vorhanden, sie müssen nur sinnvoll eingesetzt werden, dort, wo sie dringend gebraucht werden. Jeder Tag, sogar jede Nacht, entstehen durch Zinsen Gelder in Banken, die anderweitig besser für die Gesellschaft eingesetzt werden könnten.
Ein Gedanke zum Mitnehmen
„Verantwortung verpflichtet – nicht nur individuell, sondern gesamtgesellschaftlich. Ungleichheiten zu ignorieren, ist ein Luxus, den niemand tragen sollte.“
– Rüdiger Stolpe, 1996
Ich bin schwerbehindert, arbeitslos, geschieden, kämpfe mit Mietzahlungen, erhalte nur begrenztes Arbeitslosengeld, besitze zwei geliebte Siamkatzen und könnte nicht einmal die Kosten meiner eigenen Beerdigung tragen. Die Frage bleibt: Wie wollen wir gemeinsam verhindern, dass viele Menschen durch die Untätigkeit des Systems leiden müssen?